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Lebensart Südstadt

„Die kleinen Geschäfte müssen wieder öffnen dürfen“, so Peter Remm vom Wirtschaftsforum Südstadt

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Peter Remm, Vorsitzender des Wirtschaftsforums Südstadt e. V.

Ein Großteil der rund 200 Mitgliedsbetriebe in der Werbegemeinschaft Wirtschaftsforum Südstadt e. V. sind derzeit geschlossen, beziehungsweise können nur sehr eingeschränkt ihren Geschäften nach gehen. Der Lockdown durch die Corona-Pandemie trifft ganz besonders die kleineren Läden überaus heftig. Nicht wenige von Ihnen wissen nicht, wie lange sie noch durchhalten, bevor die Wirtschaftlichkeit nicht mehr gegeben ist. Über die aktuelle Situation sprach Axel Emmert, freier Mitarbeiter des Stadt-Anzeigers, mit Peter Remm, dem Vorsitzenden des Wirtschaftsforums Südstadt e. V.Lieber Herr Remm, wie ist aktuell die Situation bei Ihren Mitgliedsbetrieben?Zum Glück sind mir keine Krankheitsfälle bekannt, sodass ich davon ausgehe, dass das Virus, zumindest unter den Mitgliedsbetrieben, noch nicht angedockt hat. Die allgemeine Situation würde ich als sehr angespannt sehen, wenngleich mir zum Glück noch keine Informationen zugetragen wurden, dass Unternehmen Insolvenz gegangen sind.

Peter Remm, Vorsitzender des Wirtschaftsforums Südstadt e. V. im Interview

Gibt es bestimmte Branchen, die ganz besonders hart getroffen sind?

Ja, natürlich. Ich denke da zum Beispiel an die Gastronomen, aber auch Dienstleister, wie zum Beispiel Friseure, Kosmetiker oder ähnliche Branchen. Die haben es aktuell mehr als schwer.

Wie läuft derzeit die Unterstützung durch die Politik?

Die Unterstützung durch die lokale Politik ist sehr gut. dort finden wir immer ein offenes Ohr und bekommen auf Fragen auch Antworten. Doch je höher die politischen Gremien angesiedelt sind, desto kleiner wird die Unterstützung, bis sie dann irgendwo ganz versiegt.

Und wie sieht es mit der finanziellen Unterstützung für Ihre Mitgliedsbetriebe aus?

Aus meiner Sicht, und die wird von der Mehrzahl der Mitgliedsbetriebe geteilt, laufen alle Unterstützungsmodelle mehr als schleppend. Viele, auch ich, bezeichnen die Anträge als „Bürokratiemonster“. Selbst die Steuerberater, die ja diese Anträge ausfüllen müssen, klagen und stöhnen über die vielen bürokratischen Hürden, die genommen werden müssen, bis Geld fließt. Doch auch wenn dann etwas Geld fließt, dann sind es höchstens Abschlagszahlungen, die oft verspätet ankommen und zumeist nicht entscheidend zur Existenz der Unternehmen beitragen können.

"Die Unterstützung durch die lokale Politik ist sehr gut. Dort finden wir immer ein offenes Ohr und bekommen auf Fragen auch Antworten."

Peter Remm, Vorsitzender des Wirtschaftsforums Südstadt

Was könnte seitens der Politik besser laufen?

Es ist dringend notwendig, dass die Regeln, wer, wie aufmachen und seine Waren anbieten darf, überdacht werden müssen. Was ist das für ein Irrsinn, wenn zum Beispiel ein Fahrradhändler seine Werkstatt öffnen darf und dort Kunden empfangen werden, er parallel aber kein Fahrrad verkaufen darf – obwohl beides im gleichen Raum stattfindet.

„Die kleinen Geschäfte müssen wieder öffnen dürfen“, so Peter Remm vom Wirtschaftsforum Südstadt-2
Wenn nicht bald etwas passiert, dann droht vielen kleinen Geschäften die Pleite. Aufn.: Gerhard/Pixelio

Ganz wichtig wäre aber, dass die kleinen Geschäfte öffnen dürften, denn die überleben nicht so leicht wie die Globelplayer, die großen Einkaufsläden.

In großen Supermärkten, die ja nach wie vor geöffnet sind, wo tagtäglich mehrere Hundert Menschen gleichzeitig einkaufen, da ist doch das Infektionsrisiko weitaus höher als in einem kleinen Geschäft, wo sich vielleicht inklusive des Verkäufers noch zwei, drei Kunden sind – je nach Größe der Verkaufsfläche – gleichzeitig aufhalten.

Aber es gibt doch auch die Möglichkeit online zu bestellen?


Ja, natürlich, das machen ja auch einige. Doch das ist dennoch für die kleinen Läden mehr als schwer. Denn die Leute bestellen doch lieber bei den großen Onlinehändlern. Bis ein so kleines Geschäft seinen Onlinehandel so publik gemacht hat, dass sich das lohnt, ist er möglicherweise längst pleite.

"Ich würde mir wünschen, dass die Politik zuerst einmal mit der Wirtschaft sprechen würde, um sich einen Rat einzuholen, bevor etwas verordnet wird."

Peter Remm, Vorsitzender des Wirtschaftsforums Südstadt

Was müsste Ihrer Meinung nach in Bezug auf die Situation verändert werden?

Wie ich schon sagte, ist es für mich die höchst Priorität, dass kleinere und Inhaber geführte Geschäfte wieder öffnen dürfen, sonst sehe ich in diesem Bereich für einige Mitgliedsbetriebe schwarz.

Ich bin zudem dafür, dass „laut“ und offen darüber nachgedacht werden muss, ob es sinnvoll ist, Schulen und Kitas offen zu lassen, so lange wir so hohe Infektionszahlen haben. Ich weiß, dass ich damit viele Eltern nicht gerade positiv anspreche, aber aus meiner Sicht birgt diese Gruppe ein hohes Infektionsrisiko in sich. Auch über den Öffentlichen Personennahverkehr sollte man nachdenken. Speziell in der Kernstadt würde ich ihn nahezu komplett einstellen. Das würde auch die Bereitschaft zum Homeoffice steigern und ebenfalls Ansteckungsgefahren minimieren.

Zudem würde ich mir wünschen, dass die Politik zuerst einmal mit der Wirtschaft sprechen würde, um sich einen Rat einzuholen, bevor etwas verordnet wird, was entweder nur schwer oder gar nicht umzusetzen ist.

Herr Remm, vielen Dank für das Gespräch!