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Berufsperspektiven

Umschulung – eine Chance zum Neustart

Umschulung – eine Chance zum Neustart Bildunterschrift anzeigen Bildunterschrift anzeigen

KEIN GRUND ZUM VERZWEIFELN: Eine Umschulung bringt oft neue, spannende Herausforderungen. iStockphoto.com/aydinmutlu

Abbrecher mit Perspektiven

Vom Maurer zum Bürokaufmann, vom Lagerarbeiter zum Altenpfleger: Wer beruflich noch einmal ganz neu anfangen will oder muss, kann eine Umschulung machen. Doch was ist das eigentlich?„Im eigentlichen Sinn handelt es sich dabei um eine längere, gegebenenfalls geförderte Weiterbildung“, sagt Thomas Kruppe vom Institut für Arbeitsmarkt-und Berufsforschung in Nürnberg. Und zwar mit dem Ziel, einen Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf zu vermitteln.Die Maßnahme sei grundsätzlich für Personen gedacht, die bereits einen Abschluss haben und sich umorientieren möchten oder müssen. Wann eine Umschulung möglich oder nötig ist, ist unterschiedlich. „Natürlich kann es sein, dass Sie durch eine Kündigung dazu gezwungen sind, sich umschulen zu lassen“, sagt Lucy Merzenich-Lang, Karriereberaterin aus Aachen. Unabhängig davon sei eine Umschulung immer sinnvoll, wenn ein neues Berufsziel angestrebt wird.

Zick-Zack-Lebensläufe sind willkommen: Wer einen BERUFSWECHSEL anstrebt, hat verschiedene Möglichkeiten – das Spektrum reicht von der dualen Ausbildung bis zum Studium

Soll die Umschulung von der Bundesagentur für Arbeit finanziert werden, ist nicht allein die eigene Begeisterung für einen neuen Job entscheidend. Es braucht bestimmte Voraussetzungen. „Darüber wird individuell und nach ausführlicher Beratung mit dem Kunden entschieden. Dabei spielen etwa Arbeitsmarktchancen in der Region eine Rolle“, erklärt Christian Weinert von der Bundesagentur für Arbeit. Auch ein fehlender oder nicht mehr verwertbarer Berufsabschluss kann eine Umschulung notwendig machen. Liegen die Voraussetzungen für eine Förderung vor, erhalten Kunden einen Bildungsgutschein. Der garantiert die Übernahme der Weiterbildungskosten und gegebenenfalls die Weiterzahlung des Arbeitslosengelds.

In Unternehmen sind neue Qualifizierungen durch Umschulungen durchaus beliebt. „Sogenannte Zick-Zack-Lebensläufe werden zur Normalität und zeigen, dass ein Bewerber sich gut auf neue Situationen und Arbeitsfelder einstellen kann. Quereinsteiger sind also gefragt“, sagt Lucy Merzenich-Lang. DPA/TMN

Abbrecher mit Perspektiven

Interview mit Fritz Kelle, Personalleiter bei der Vereinigten Schmirgel- und Maschinen-Fabriken AG (VSM)

Umschulung – eine Chance zum Neustart-2
OFFEN FÜR QUEREINSTEIGER: Fritz Kelle, Personalleiter des Schleifmittelspezialisten VSM.

Früher galt ein Studienabbruch als Makel. Heute sind Studienabbrecher gefragt. Nicht zuletzt wegen des grassierenden Fachkräftemangels entdecken Unternehmen die Fähigkeiten der Menschen, deren berufliche Karriere auf Umwegen zum Ziel führen kann. So sieht es auch der Personalleiter des hannoverschen Schleifmittel-spezialisten VSM.

Warum sucht VSM nach Studienabbrechern, Herr Kelle?

Ich frage zurück: Warum sollten wir das nicht tun? Wir suchen qualifizierten Nachwuchs, und Studienabbrecher sind häufig qualifiziert. Sie haben ein Studium aufgenommen, weil sie etwas erreichen wollen und Interesse an der Sache haben. Dass das Studium gescheitert ist, hat nicht unbedingt mit fehlender Leistung oder fehlendem Intellekt zu tun. Häufig liegt es an den äußeren Umständen: Das können fehlende finanzielle Ressourcen sein oder die familiären Bedingungen.

Aber sind diese Menschen nach einem Abbruch motiviert?

Natürlich ist es ein Problem, wenn man sich auf eine akademische Karriere fixiert hat, die es so nicht mehr geben wird. Da muss man mit dem Scheitern klarkommen. Aber es kann neue Motivation bei den Betroffenen entstehen, wenn man ihnen zeigt: Eine berufliche Karriere ist ohne Studium möglich. Es gibt heute so viele Wege, ins Berufsleben einzusteigen und gegebenenfalls ein Studium später – auch berufsbegleitend – nachzuholen. Die Bildungswege sind viel offener als früher. Ein Abbruch ist kein Beinbruch. Sie suchen Quereinsteiger vor allem für den technischen Bereich? Ja, da haben wir Bedarf und auch gute Erfahrungen gemacht. Ein angehender Wirtschaftswissenschaftler, der bei uns als Werkstudent gearbeitet hatte, fing nach Abbruch seines Studiums bei uns als Maschinenbediener an. Er hat sich dann zum Assistenten des Betriebsleiters hochgearbeitet. Das ist kein Berufsabschluss, wohl aber eine unternehmenseigene qualifizierte Position, die einiges an Verantwortung mit sich bringt.

Würden Sie auch einen berufsbegleitenden Abschluss unterstützen?

Sofern es für uns sinnvoll ist, ja. Fehlt ein Ausbildungsabschluss, käme eine Ausbildung zum Techniker infrage. Die passt zu unseren fachlichen Anforderungen und ist berufsbegleitend machbar. Hat er oder sie bereits eine Ausbildung, wäre ein Betriebswirt eine Möglichkeit. Am besten ist so etwas im persönlichen Gespräch zu klären.

Haben Sie noch freie Plätze?

Ob ein kurzfristiger Start noch möglich ist, müssen wir individuell prüfen. Aber wir suchen jedes Jahr Auszubildende für unterschiedliche technische und kaufmännische Berufe. Wir freuen uns schon jetzt auf Bewerbungen für den Ausbildungsstart 2020.


Was müssen die Bewerber mitbringen?

Engagement, die Lust zu lernen und sich einzubringen. Gute Zensuren schaden natürlich nicht, aber weniger gute Noten sind kein Hindernis. Es kommt auf die Person an. Wir tun jedenfalls alles, um dem Nachwuchs den Sprung ins Berufsleben so attraktiv wie möglich zu gestalten und die angehenden Kolleginnen und Kollegen bei uns zu behalten. Die Mitarbeiter arbeiten gern bei uns.

Und was erwartet die neuen Mitarbeiter?

Ein Technologieunternehmen mit einem tollen Team. Wir stellen hochwertige Schleifmittel her für praktisch alle Bereiche der Industrie, in denen Metalle und Kunststoffe geschliffen werden müssen. Unsere Produkte sind weltweit im Einsatz und werden oft im Zusammenspiel mit unseren Geschäftskunden entwickelt. Sagen wir es so: Langweilig wird es nie. INTERVIEW: OLIVER ZÜCHNER

„Dass das Studium gescheitert ist, hat nicht unbedingt mit fehlender Leistung oder fehlendem Intellekt zu tun. Häufig liegt es an den äußeren Umständen.“

Fritz Kelle
Personalleiter des Schleifmittelspezialisten VSM

Weitere Informationen

Ist der Studienabbruch geplant oder bereits vollzogen? In jedem Falle empfiehlt sich der Besuch bei der Arbeitsagentur Hannover, um sich über alternative Wege in Ausbildung oder Studium zu informieren. Wer Interesse an einer dualen Berufsausbildung hat, sollte sich bei der Wirtschaftsförderung über das Bundesprogramm „Jobstarter – Umsteigen statt Aussteigen“ informieren. Die Gespräche sind individuell und vertraulich: Es bestehen Kontakte zu diversen Unternehmen der Region Hannover.

Weitere Angebote hat die Industrie- und Handelskammer (IHK) Hannover. Daneben freuen sich mehr und mehr Unternehmen auch über die direkte Ansprache. Das gilt auch für Fritz Kelle, Personalleiter bei VSM · Vereinigte Schmirgel- und Maschinen-Fabriken AG, in Hannover-Hainholz. Er ist erreichbar unter fritz.kelle@vsmabrasives.com.