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GUT HÖREN & SEHEN

Hör-Komfort mit innovativer Technik

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Immer dann, wenn ein einfaches Verstehen in einer Geräuschkulisse nicht mehr möglich ist, muss über den Einsatz eines Hörgeräts nachgedacht werden. Foto: iStockphoto.com/AaronAmat

Zur Person

Herr Prof. Lenarz, zunächst einmal grundsätzlich: Wann kommt ein Hörgerät zum Einsatz?

Hörgeräte werden immer kleiner und leistungsfähiger. Ein Gespräch mit Prof. Prof. h. c. Dr. med. Thomas Lenarz über den Einsatz von Geräten und technische Neuerungen.

Immer dann, wenn die Schwerhörigkeit ein einfaches Verstehen mit hohem Geräuschpegel – auf der Party oder im vollen Hauptbahnhof – nicht mehr möglich macht. Das wäre eine Regel aus dem täglichen Leben. Es gibt natürlich auch Messwerte, aber diese nützen dem Leser nichts. Gut und einfach ist es auch, wenn man zum Akustiker geht und dort einen einfachen Hörtest macht – dieser ist eine gute Orientierung, wenn man unsicher ist. Es ist aber nur eine Orientierung – ein HNO-Arzt muss die Schwerhörigkeit dem „verursachenden“ Organ zuordnen, um die adäquate Therapie oder die Therapie-Optionen abzuschätzen und einzuleiten. Ein Hörgerät kommt immer bei einer Innenohrschwerhörigkeit zum Einsatz. Nur manchmal auch bei einer reinen Mittelohrschwerhörigkeit und fast immer bei einer kombinierten Schwerhörigkeit – wobei in den vergangenen zehn Jahren bei vielen Patienten mit kombinierter Schwerhörigkeit ein Mittelohrimplantat sinnvoller ist als ein konventionelles Hörgerät.

Welche unterschiedlichen Modelle gibt es? Und für wen sind diese geeignet?

Grundsätzlich gibt es bei konventionellen Hörgeräten unterschiedliche Bauformen von digitalen Chips – die Chips sind die eigentlichen Hörgeräte, die mit einem Lautsprecher verbunden sind. Die Akustiker haben verschiedene Möglichkeiten, diese beiden Elemente (plus Batterie) um das Ohr zu „verpacken“. Diese können hinter dem Ohr oder im Gehörgang getragen werden – oder auch in einem Ohrclip vom Ohrläppchen aus in den Gehör eingeführt werden. Außerdem: Die Verpackung ist aus HNO-Sicht nicht kosmetisch wesentlich sondern trägt zu mindestens 50 Prozent zur Qualität des Hörens bei. Allerdings kann man weiterhin sagen, dass die Ausstattung der Geräte ohne Zuzahlung – die von vielen Patienten als sogenannte „Kassengeräte“ bezeichnet werden – mittlerweile technisch sehr gut ist. Nur in wenigen Fällen reicht aus technischer Sicht diese Ausstattung nicht aus.

Was können moderne Hörgeräte leisten?

Viele Patienten erkennen den Hör-Komfort, den sie dazu erhalten, wenn sie ein teureres Produkt wählen. Es ist beispielsweise möglich, mit dem Hörgerät wie mit einem Kopfhörer umzugehen. Alles, was man auf einem Smartphone abspielen kann, kann man auch über das Hörgerät abhören, ohne einen Kopfhörer anschließen zu müssen und ohne das Smartphone an das Ohr zu halten. Das beinhaltet natürlich auch die mögliche Bluetooth-Verbindung zum TV oder Radio.

Welche speziellen Anforderungen gibt es an Hörgeräte für Kinder?

Die Anforderungen bei Kindern werden zunächst von der Mitarbeitsfähigkeit bestimmt und sollten alle einen Anschluss für eine sogenannte FM-Anlage haben. Das heißt, eine drahtlose Übertragung von einem Mikrofon, welches der Lautsprecher trägt. Denn Hörgeräte sind nicht perfekt, und somit zeigt sich eine enorme Höranstrengung in geräuschvoller Umgebung oder aus der Entfernung. Deshalb sollten Kinder zu Hause, in der Freizeit und in der Schule oder im Kindergarten eine FM-Anlage nutzen, um einen einfacheren Zugang zur Sprache zu haben, um ihren Wortschatz zu erweitern und sich weitestgehend ­mit einem Ausgleich des Nachteils zu bewegen. Für die Anpassung der Hörgeräte bei Kindern sind geschulte sogenannte „Pädakustiker“ verantwortlich – gemeinsam mit dem HNO-Arzt oder Pädaudiologen und den Schwerhörigenpädagogen, die die Familien- und die Bildungseinrichtungen beraten.

Wie sinnvoll sind Online-Hörtests?

Diese sind sehr sinnvoll. Zu wenig Betroffene kommen rechtzeitig zur Diagnostik zum Hals-Nasen-Ohrenarzt, die Hürde scheint zu groß.

Mit welchen Kosten müssen Patienten rechnen? Was übernehmen die Krankenkassen?

Der sogenannte Festbetrag für „Kassengeräte“ liegt bei den gesetzlich versicherten Patienten bei 700 bis 980 Euro – dafür erhält man eine sehr gute Technik. Eine Zuzahlung ist in den meisten Fällen nicht mehr nötig. Interview: Martina Steffen

Ab in die Trockenbox: Hörgeräte richtig pflegen

Reinigungstücher oder Spray samt Pinsel entfernen sichtbare Rückstände perfekt

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Die richtige Reinigung und Pflege kann die Lebensdauer eines Hörgeräts erhöhen. Foto: Alexander Heinl/dpa-tmn

So wie Brillen sind auch Hörgeräte oft für ihre Träger unentbehrlich. Umso wichtiger ist daher die richtige Reinigung und Pflege. Über Nacht sollten Besitzer ihre Hörhilfe in eine Trockenbox legen, rät die „Apotheken Umschau“ (Ausgabe A8/2019). Das erhöhe die Lebensdauer des Geräts deutlich. Verschiedene Trockenbox-Varianten wie solche mit UV-Licht oder Ventilatoren erfüllen demnach ihre Aufgabe gleichermaßen.

Die Grundreinigung sollte einoder zweimal pro Woche auf dem Programm stehen. Zum Entfernen sichtbarer Rückstände eignen sich sowohl Reinigungstücher als auch ein desinfizierendes Reinigungsspray samt Pinsel. Zusätzlich können Besitzer ihrem Hörgerät auch ein Reinigungsbad gönnen.

Wichtig dabei: Nur Teile der Hörhilfe, bei denen die Elektronik nicht nach außen reicht, sollten so gesäubert werden – also das Formpass-Stück oder das Schirmchen. Auch hierbei gibt es zwei Varianten: Das Ultraschallbad entfernt Ablagerungen durch schnelle Schwingungen, während ein Reinigungsbad mit speziellen Tabs chemisch wirkt.

Batterien wie Knopfzellen sollten bei täglicher Nutzung etwa einmal pro Woche ausgetauscht werden. Tipp: dafür einen Wochentag festlegen und vor dem Schlafengehen die Batterie auswechseln. dpa/tmn

Zur Person

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Prof. Thomas Lenarz

Prof. Prof. h. c. Dr. med. Thomas Lenarz ist Direktor des Deutschen HörZentrums Hannover und der HNO-Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover. Seine Forschungsschwerpunkte sind Hörstörungen und HörImplantate, vor allem Cochlea-Implantate, Hirnstamm-Implantate und Mittelhirn-Implantate. Lenarz hat das weltweit größte Cochlea-Implantat-Programm aufgebaut und setzt computerund roboterassistierte Chirurgie ein. Er betreibt Grundlagenforschung sowie klinische Forschung bis hin zur Produktentwicklung.