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BERUFSPERSPEKTIVEN

Katjana-Marlen Mittendorf: Traumberuf Bestatterin

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AUFMERKSAM ZUHÖREN IST WICHTIG: Katjana-Marlen Mittendorf im Gespräch mit Hinterbliebenen Nancy Heusel

Vielseitig und verantwortungsvoll: Für die meisten Menschen ist der Tod ein Tabuthema. Warum also UMGEBEN SICH MENSCHEN FREIWILLIG mit Verstorbenen und Trauer?

Angst vorm Tod? Katjana-Marlen Mittendorf lacht und schüttelt den Kopf: „Das wäre geschäftsschädigend,“ Der Tod gehört zum Leben dazu, sagt die 34-Jährige. „Angst hatte ich nie, aber immer Respekt.“

Mittendorf ist Bestatterin. Als sie das erste Mal amtlich einen toten Menschen gesehen hat, war sie 16 Jahre alt und Praktikantin. „Das war am Anfang etwas befremdlich“, erzählt sie. „Aber irgendwie habe ich schnell gemerkt, dass Verstorbene ganz friedlich sind und dass auf ein Leben der Tod folgt.“

Für die meisten Menschen ist das Sterben ein Tabuthema. Warum umgibt man sich freiwillig mit Tod und Trauer? „Ich habe mir schon als Schülerin einen sozialen Beruf mit Tiefgang gewünscht“, erinnert sich die sympathische Frau. „Ein befreundeter Pastor hat mir dann ein Praktikum in einem Bestattungsunternehmen empfohlen. Die Vielseitigkeit in dieser Branche - das ist genau das Richtige für mich.“ Das habe sie schnell gemerkt.

„Zum einen ist es die besondere emotionale Situation, die Begleitung der Hinterbliebenen, zum anderen die organisatorische und die kaufmännische Arbeit“, erklärt Mittendorf den Reiz ihrer Arbeit. Und sie zählt auf, was alles zur Bestattungsvorsorge zu Lebzeiten sowie zur Beratung und Unterstützung im Trauerfall gehört. „Krankenkassen und Versicherungen müssen abgemeldet, Witwen- und Halbwaisenrenten beantragt, Trauerdrucksachen erstellt und Särge oder Urnen bereitgestellt werden. Auch die Vermittlung von Floristen, Trauerrednern, Musikern und Steinmetzbetrieben ist Teil des Geschäfts.“

Und nicht zuletzt würde man die Verstorbenen abholen, waschen und einkleiden. „Für mich ist es ein Traumberuf“, sagt Mittendorf, „Jeder Tag ist anders. Auch, weil es so unterschiedliche Bestattungskulturen und -rituale gibt.“

Vielseitig und verantwortungsvoll

„Der Beruf des Bestatters ist enorm vielseitig - ich kenne keinen anderen, der so ein breites Spektrum umfasst“, bringt es Elke Herrnberger, Sprecherin vom Bundesverband Deutscher Bestatter, auf den Punkt. „Und er ist sehr verantwortungsvoll.“

Leider gebe es immer noch Leute, die meinen, mit Beerdigungen das schnelle Geld verdienen zu können, beanstandet Herrnberger. Um den schwarzen Schafen der Branche Einhalt zu gebieten, setzt sich der Bundesverband für eine Meisterpflicht für alle neu zu gründenden Betriebe ein. „Das hochkomplexe Wissen, wie bei den Themen Infektionsschutz, Finanzbuchhaltung und Warenwirtschaft, kann man sich nicht einfach nebenbei anlesen.“

„Für mich ist es ein Traumberuf. Jeder Tag ist anders. Auch, weil es so unterschiedliche Bestattungskulturen und -rituale gibt.
Katjana-Marlen Mittendorf, Bestatterin

Ähnlich sieht das auch Katjana-Marlen Mittendorf: Sie kritisiert, dass in Deutschland jeder ein Gewerbe anmelden und als Bestatter arbeiten kann, ohne Qualifikation, ohne Eignungsprüfung, ohne jeglichen Nachweis. „Wir brauchen unbedingt eine Meisterpflicht in unserem Handwerk, um so die Qualifikation der Bestatter sicherzustellen, aber auch die Qualität insgesamt zu verbessern.“

Denn ob Fliesenleger, Maler oder Zahntechniker: „Bei fast jedem Handwerker kann man reklamieren und nachbessern lassen. Wenn bei der Beerdigung was schiefläuft, lässt sich hinterher nichts mehr richten“, meint die Expertin, die voriges Jahr als erste Frau in Deutschland zur öffentlich vereidigten Sachverständigen im Bestattungswesen berufen worden ist. In dieser Funktion schreibt sie beispielsweise Gutachten, wenn es zwischen einer Familie und einem Bestatter zu Streitigkeiten kommt.

Neben diesem fachlichen Wissen, das man sich während der Ausbildung und im Arbeitsleben aneignen kann, sollte man für den Beruf vor allem Empathie und Geduld mitbringen: „Manche Menschen reagieren auf einen Todesfall wütend oder anklagend, weil sie den Verlust nicht akzeptieren können“, erklärt die Fachfrau aus Gehrden.

Außerdem sollte man eine hohe Lernbereitschaft mitbringen und flexibel sein. „Ich habe 24 Stunden Bereitschaft, bin nachts, am Wochenende und an Feiertagen erreichbar. Gestorben wird schließlich nicht nur von 8 bis 17 Uhr.“

VON KATRIN SCHREITER


Steckbrief

Offizielle Berufsbezeichnung: Bestattungsfachkraft
Ausbildungsdauer: 3 Jahre
Ausbildungsform: Duale Ausbildung bei Bestattungsunternehmen und Berufsschule
Zugang: Es ist kein bestimmter Schulabschluss vorgeschrieben. Realschule ist empfehlenswert.
Aufgaben: Betreuen und Beraten von Angehörigen im Trauerfall, Abholung und Versorgung Verstorbener, Ausgestaltung und Organisation der Trauerfeier und Beisetzung, Beratung über Bestattungsvorsorge zu Lebzeiten